von Prof. Dr. Rembert Horstmann
Prof. Dr. Rembert Horstmann ist Professor mit dem Lehrgebiet Marketing und Vertrieb an der CBS International Business School in Köln und Gründungsmitglied bei BoardFinder in Deutschland, einem internationalen Netzwerk unabhängiger Beirats- und Aufsichtsratsmitglieder. Des Weiteren ist Prof. Dr. Rembert Horstmann Aufsichtsratmitglied bei der CREW AG.
Die Deutsche Bahn wirbt mit dem Slogan „Mit Kunden – Für Kunden“ für einen Kundenbeirat und berichtet über eine enge Zusammenarbeit mit ihren Kunden. Doch wie sinnvoll ist die Etablierung eines Kundenbeirats wirklich? Die fortschreitende Digitalisierung und die wachsende Anzahl an Konkurrenzanbietern in vielen Branchen machen die Akquise und den Aufbau von langfristigen Kundenbeziehungen immer schwieriger. Kunden haben Zugang zu vielen Informationskanälen und können Produkte und Dienstleistungen problemlos miteinander vergleichen, was die Wechselbarrieren sinken lässt. Kunden bleiben einem Unternehmen nur langfristig treu, wenn die Unternehmen es schaffen, dauerhaft einen Mehrwert zu bieten. Daher ist es wichtig, herauszufinden, welche Bedürfnisse und Anforderungen die Kunden an Produkte und Dienstleistungen haben, um diese ständig weiterzuentwickeln. Hierzu kann die Einberufung eines Kundenbeirats mit ausgewählten Kunden eine Möglichkeit sein. Denn dieser ermöglicht es, die Denkanstöße der Kunden in die Unternehmensprozesse zu integrieren und die persönliche Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden auszubauen.
Wodurch unterscheidet sich ein Kundenbeirat von den üblichen Instrumenten, Kundenfeedback einzuholen?
Kundenfeedback lässt sich auf verschiedenen Ebenen einholen. Kurzfristiges Feedback erhalten die Unternehmen im Tagesgeschäft, z. B. Vertriebs- oder Servicemitarbeiter in direktem Kontakt mit den Kunden, an der Service-Hotline, im Beschwerdemanagement oder zunehmend mehr in den sozialen Medien. Dies ist für die Unternehmen eine besondere Herausforderung, da sich dieser Kommunikationskanal nur schwer steuern lässt. Unternehmen verlieren zunehmend ihre Deutungshoheit. Deshalb ist wichtig, das Meinungsbild in den sozialen Medien durch automatische Textauswertungen, sogenannte Sentiment-Analysen, systematisch und regelmäßig zu analysieren. Die Sentiment-Analyse hat das Ziel, eine geäußerte Haltung in den sozialen Medien als positiv oder negativ zu erkennen. Die Unternehmen erhalten somit eine gute Übersicht über das Stimmungsbild zu ihrem Unternehmen in den sozialen Medien.
Feedback mit einer mittelfristigen Perspektive erhalten die Unternehmen in Workshops z.B. mit Kunden, Branchenvertretern oder der Wissenschaft. Auch besteht die Möglichkeit, Internetforen oder sogenannte Fokusgruppen zu etablieren. Im Gegensatz zu typischen qualitativen Einzelinterviews handelt es sich bei einer Fokusgruppe um eine moderierte und fokussierte Diskussion einer Gruppe zu ausgewählten Themen. Auch wäre das Instrument der Kundenbefragung an dieser Stelle zu erwähnen, das bei regelmäßiger Durchführung den Unternehmen ein gutes Feedback zu ihrer Performance liefert.
Kundenbeiräte sind ein Kundenfeedback mit einer langfristigen Perspektive, die stark auf die Unternehmenspolitik einwirkt. Hierdurch unterscheiden sich Kundenbeiräte von den anderen Instrumenten Kundenfeedback einzuholen. Der Kundenbeirat wird vom Unternehmen selbst einberufen, um ungefilterte Meinungen der Kunden, Denkanstöße und neue Ideen zu den eigenen Dienstleistungen, Produkten und Unternehmensentscheidungen zu erhalten. Weitere Vorteile sind eine Emotionalisierung der Kundenbindung und das gesteigerte Vertrauen der Kunden in das Unternehmen. Das Unternehmen zeigt damit nach außen wie nach innen seine Offenheit, Transparenz und insbesondere seine Kritikfähigkeit. Dies ist ein klares Bekenntnis zu einer Kundenorientierung. Der Kundenbeirat trifft allerdings keine Entscheidungen. Die Entscheidungsgewalt verbleibt beim Unternehmen selbst.
Was ist beim Aufbau eines Kundenbeirats zu beachten?
Aufgrund der strategischen Bedeutung von Kundenbeiräten ist es sehr wichtig, am Anfang den Zweck, die Größe und die Ziele zu benennen. Ein zentraler Erfolgsfaktor ist die Zusammensetzung und damit die Auswahl der richtigen Kunden. Grundsätzlich stellen im B2B-Geschäft zehn bis 15 Personen eine geeignete Größe für einen Kundenbeirat dar. Im B2C-Bereich können die Kundenbeiräte deutlich größer sein. Seitens des Unternehmens sollten alle Hierarchieebenen vertreten sein, jedoch die Zahl der eigenen Mitarbeiter sollte nicht größer sein als die der Kunden. Eine Teilnahme und ein klares Bekenntnis des Top-Managements erhöht die Wirksamkeit des Kundenbeirats. Kunden können direkt angesprochen werden oder es besteht auch die Möglichkeit, dass sich engagierte und motivierte Kunden als Beiräte bewerben können. Hierzu müsste das Unternehmen einen Aufruf an seine Kunden starten. Die Sitzungen finden in der Regel zwei bis viermal im Jahr statt. Wichtig hierbei ist, dass die Sitzungen inhaltlich gestaltet werden und eine Tagesordnung haben. Es hat sich bewährt, die Sitzungen durch einen externen Moderator begleiten zu lassen. Alle Ergebnisse sollten festgehalten und im Anschluss an die Mitglieder kommuniziert werden. Somit wird sichergestellt, dass die Kunden das Gefühl haben, verstanden und gehört zu werden. Im Unternehmen sind klare Verantwortliche zu benennen, die das Kundenfeedback im Unternehmen kommunizieren, sogenannte „Kundenbeirats-Botschafter“. Die Entscheidungsfindung und Bewertung der Ideen sollte im Unternehmen möglichst transparent erfolgen. Entscheidungen sollten begründet und kommuniziert werden. Hierzu ist es wichtig, dass auch zwischen den Sitzungen eine kontinuierliche und transparente Kommunikation erfolgt. Hierzu braucht das Unternehmen auch einen Verantwortlichen, der diese Kommunikation steuert. Letztendlich sollte der Kundenbeirat ein sicherer Raum sein, der einen vertrauensvollen, freien und konstruktiven Gedanken- und Ideenaustausch aller Mitglieder ermöglicht.
Fazit
Der Kundenbeirat ist ein strategisches Instrument zur Kundenbindung und bietet die Möglichkeit, das intellektuelle Potential der Kunden für das eigene Unternehmen zu nutzen. Kundenfeedback bleibt ein zentraler Erfolgsfaktor für eine erfolgreiche Weiterentwicklung des eigenen Unternehmens. Ein Kundenbeirat ist nur dann erfolgreich, wenn er klare Ziele verfolgt und strategisch aufgesetzt wird.