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Impulse #5
Die Markteinführung von Tools wie ChatGPT und anderen generativen KI-Technologien (GenAI) hat hohe Erwartungen geweckt, doch der tatsächliche Wandel im Marketing und Vertrieb ist bislang eher graduell als radikal. Viele Unternehmen stehen noch am Anfang, diese Technologien zu erproben und zu implementieren. Die bislang beobachtbaren Veränderungen sind deshalb auch eher subtil, jedoch zukunftsweisend, da sie den Beginn einer umfassenden Transformation hin zur teilautomatisierten oder automatisierten Content-Erstellung markieren.
Status Quo
Auf der Basis von über 30 Keynotes und Workshops zum Thema GenAI im Marketing, die der Autor in den vergangenen 15 Monaten durchgeführt hat, wurde eine erste Bilanz über ChatGPT und ähnliche Angebote gezogen. Die Erkenntnis: 2023 war größtenteils durch „Trial & Error“ geprägt. Insbesondere Sprach-KIs wie ChatGPT, aber auch Anwendungen in den Bereichen Fotografie, Audio und Film, wurden – oft wenig systematisch – hinsichtlich ihrer Funktionalitäten und ihres professionellen bzw. kommerziellen Einsatzes getestet. Die Versuche waren nicht immer erfolgreich, da die Tools noch nicht ausgereift waren, teilweise lag das Scheitern an mangelndem Wissen über deren effektive Anwendung. Das Problem besteht darin, dass bei einer oberflächlichen Nutzung des Tools kein großer Nutzen entsteht und die Neigung besteht, weiterhin wie gewohnt zu arbeiten. Zudem waren in vielen Firmen – sei es aus Sicherheitsoder Kostengründen – Anwendungen wie ChatGPT schlicht nicht zugänglich, sodass die ersten Erfahrungen privater Natur und mit den kostenlosen, deutlich weniger leistungsfähigen Tools waren.
Hemmnisse…
Die wider aller Erwartungen langsame oder zögerliche Einführung generativer KI-Technologien lässt sich nicht allein durch die bereits genannten Faktoren erklären. Sicherheitsbedenken hinsichtlich des Schutzes personenbezogener Daten und sensibler Unternehmensdaten spielen ebenfalls eine wesentliche Rolle. Zudem ist die Vorgehensweise bei der Einführung bisher kaum systematisch und das Training oft unzureichend. Eine wirklich nutzbringende
Anwendungstiefe ist bislang nur bei den First Movern zu erkennen. Des Weiteren sind die zum Teil sehr hohen Kosten für die Tools zu nennen, insbesondere in der unternehmensweiten Skalierung. Weiterhin besteht die Angst, zu früh in der Entwicklung dieser Technologien auf ein falsches Pferd zu setzen. In Bezug auf die Nutzung von Inhalten im beruflichen Kontext sind zudem zahlreiche rechtliche Fragen im Bereich Urheber- und Nutzungsrechte noch ungeklärt, was die Nutzung solcher Inhalte erschwert.
…und Beschleuniger
Gleichzeitig existieren jedoch auch Beschleuniger. Dies ist unter anderem das gezielte Training für definierte Tools. Die Nutzung einer Sprach-KI wie ChatGPT scheint auf den ersten Blick einfach, jedoch liegen die Tücken im Detail. Ohne Schulungen und regelmäßiges Training sowie vor allem der täglichen Nutzung und Übung stellen sich Erfolge, wenn überhaupt, nur schleppend ein. Ein gutes, systematisches Training, das sich an realen Anwendungsfällen orientiert, führt zu regelmäßigen Erfolgserlebnissen und somit zu einer kontinuierlichen Nutzung. Von besonderer Relevanz ist zudem die Identifikation von relevanten, konkreten und einfach umsetzbaren Anwendungsfällen. Ohne eine klare Vorstellung davon, welche Prozesse verbessert und automatisiert werden sollen, lassen sich die gewünschten Effekte nicht erzielen.
Gen-Ai und jetzt?
Viele neue Technologien durchlaufen einen Zyklus, der mit einer steil ansteigenden Nutzungsrate, dem Hype beginnt, gefolgt vom „Tal der Tränen”, also der ersten Ernüchterung, bis sich dann irgendwann das „normale” Produktivitätsniveau einstellt. Gemäß des Gartner Hype Cycles hat GenAI den Peak bereits im vergangenen Jahr erreicht und wird sich nach einer gewissen Cooling-Down-Phase in ungefähr fünf Jahren in Richtung Plateau bewegen. Ob diese Prognose tatsächlich eintreten wird, oder ob der Hype mit den kommenden, noch viel leistungsfähigeren Versionen von GPT, Gemini, Claude etc. neu entfacht wird, bleibt abzuwarten. Fakt ist, dass eine gewisse Abkühlung dazu beiträgt, sich die Zeit zu nehmen, strukturierte Ansätze für die Integration von KI-Lösungen in Geschäftsprozesse zu entwickeln und die Mitarbeitenden adäquat auszubilden und „mitzunehmen”.
Wenn die KI Alltag wird
In diesem Kontext ist zu beobachten, dass die Nutzung von ChatGPT & Co. zunehmend zur „Commodity” wird, also zur Normalität, ähnlich wie unser Umgang mit Office-Programmen oder InDesign-Anwendungen. Diese Entwicklung wird dadurch begünstigt, dass sich die KI durch Microsoft CoPilot oder Google Gemini for Workspace ohnehin nach und nach in unser tägliches Leben „schleicht“. Gleiches gilt für die bereits verfügbaren und noch kommenden KI-Funktionen in den Adobe-Tools ebenso wie in CRM-Anwendungen, ERP-Systemen etc. Die von Gartner prognostizierte Talsohle ist demnach nicht der geeignete Zeitpunkt, um eine Pause vom Hype zu machen. Stattdessen bietet sich die Chance, eine kontinuierliche Lernkurve für den effektiven Einsatz von KI-Tools zu gestalten.
Die Zukunft wird automatisch
Gleichzeitig entwickelt sich derzeit ein Markt an professionellen Automatisierungsplattformen, die es ermöglichen, unterschiedliche Anwendungen und insbesondere verschiedene KI-Modelle miteinander zu verknüpfen. Dadurch können individuelle, auf die Unternehmensprozesse ausgerichtete Agenten oder Bots, also automatisierte oder teilautomatisierte Prozesse etabliert werden. Die Implementierung und Integration der genannten Prozesse erfordert jedoch fundierte Kenntnisse über die Möglichkeiten der verschiedenen KI-Tools, um automatisierbare Prozesse überhaupt identifizieren und dann auch KI-basiert optimieren
zu können. Aufwändige und teure Abläufe im Bereich der Lokalisierung, Internationalisierung,
Individualisierung, Content-Skalierung und vielen weiteren Bereichen können so bereits heute deutlich vereinfacht, beschleunigt und verbessert werden.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Marketing- und Vertriebsbranche vor einer schrittweisen, jedoch unaufhaltsamen Integration generativer KI-Technologien steht. Trotz einer langsameren Durchdringung als erwartet, bilden sich nach und nach sehr erfolgsversprechende Usecases heraus. GenAI ist folglich auf dem besten Weg, sich vom Hype zu einem alltäglichen Werkzeug zu wandeln, das Arbeitsabläufe optimiert und perspektivisch auch automatisiert und damit die Produktivität erhöht. Entscheidend ist bei aller künstlichen Intelligenz jedoch der Mensch, der im Umgang mit den Tools geschult und in die Welt der intelligenten Assistenten mitgenommen werden muss.